Zahl der Abtreibungen minimal gesunken

Wiesbaden – Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist nach einem zwischenzeitlichen Anstieg wieder leicht gesunken, liegt aber weiter bei mehr als 100.000, wie das Statistische Bundesamt mitgeteilt hat. Fragen und Antworten dazu:

Wie ist die letzte Entwicklung in der Statistik?

In den vergangenen 20 Jahren ist die
Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland zunächst angestiegen und hat dann bis zum Jahr 2016 fast kontinuierlich abgenommen: Brachen 1996 Frauen in knapp 131.000 Fällen eine Schwangerschaft ab, waren es 2016 weniger als 99.000. Dann allerdings, 2017, berichtete das Statistische Bundesamt von einem leichten Anstieg auf mehr als 101.000. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Statistik nun einen leichten Rückgang um 0,2 Prozent auf knapp unter 101.000. Rund 58.400 der Frauen waren ledig, rund 38.700 verheiratet, rund 3700 geschieden und rund 170 verwitwet.

Welche Gründe wurden angegeben?

In den meisten Fällen (96 Prozent) ließen sich die Frauen innerhalb der ersten drei Monate von einer staatlich anerkannten Organisation beraten, um die Berechtigung für den Eingriff zu erhalten. In vier Prozent lagen medizinische Gründe vor oder es handelte sich um eine Schwangerschaft nach einem Sexualdelikt. Mit 72 Prozent war der Großteil der Frauen zwischen 18 und 34 Jahre alt. Acht Prozent waren den Angaben zufolge älter als 39 Jahre, drei Prozent noch nicht erwachsen.

Gibt es regionale Unterschiede?

In absoluten Zahlen gibt es die meisten Abbrüche im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen mit rund 22.000. Im Verhältnis zu den Geburten ergibt sich ein anderes Bild, die hierfür zuletzt errechneten Werte stammen aus dem Jahr 2017. Die höchsten Zahlen meldeten die Stadtstaaten Berlin und Bremen, wo 230 und 208 Schwangerschaftsabbrüche auf 1000 Geburten kamen, in Bayern und Baden-Württemberg waren es dagegen nur 88 beziehungsweise 96. Die Beratungsorganisation Pro Familia erklärt, manche Frauen aus ländlichen Gebieten etwa in Bayern oder Niedersachsen müssten weite Fahrten auf sich nehmen, um einen Arzt oder eine Klinik zu finden. Acht Prozent der Frauen fuhren 2018 in ein anderes Bundesland.

Wie ist die aktuelle Gesetzeslage?

In Deutschland sind Abtreibungen nach wie vor rechtswidrig, nur unter bestimmten Bedingungen bleibt der Eingriff straffrei. So etwa nach rechtzeitiger Beratung in einer staatlich anerkannten Konfliktberatungsstelle. Eine Abtreibung bleibt auch nach der zwölften Schwangerschaftswoche straffrei, wenn für die Schwangere Lebensgefahr besteht oder eine schwerwiegende körperliche oder seelische Beeinträchtigung droht.

Welche Auswirkungen wird die zuletzt beschlossene Änderung haben?

Der Paragraf 219a ist nach wie vor umstritten. Er stellte bisher den Hinweis, dass in einer Praxis Abbrüche durchgeführt werden, unter Strafe. Mehrere Ärzte wurden deshalb verurteilt, auch Kristina Hänel. Ihr Rechtsstreit sei mit der Reform nicht beigelegt, sagt die Medizinerin – vor deren Praxis immer wieder Abtreibungsgegner demonstrieren, weshalb die Stadt Gießen über eine Bannmeile nachdenkt. Mit der Neuregelung dürfen künftig Ärzte und Kliniken im Internet angeben, dass sie Abtreibungen durchführen – mehr aber auch nicht. Dies reiche nicht aus, erklärt unter anderen auch Pro Familia. Der Paragraf müsse ersatzlos gestrichen werden, damit sich Frauen informieren könnten und um der Stigmatisierung des Schwangerschaftsabbruchs und der Ärzte entgegenzuwirken.

Haben Abtreibungen Folgen für die Frauen?

Mit seinem Vorhaben, in einer Studie die «Häufigkeit und Ausprägung seelischer Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen» untersuchen zu lassen, stieß das von Minister Jens Spahn (CDU) geführte Gesundheitsministerium auf empörte Reaktionen. Dies offenbare ein fragwürdiges Frauenbild, kritisierte die FDP-Opposition im Bundestag. Zudem gibt es solche Untersuchungen bereits. Die große Mehrheit der Frauen bewältige einen Abbruch ohne Langzeitfolgen, sagt Claudia Schumann, Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG). Frauen solle die Fähigkeit zugebilligt werden, die beste Entscheidung selbst treffen zu können.

Fotocredits: Jens Büttner
(dpa)

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