Krankenkasse zahlt im Notfall für Cannabis-Behandlung

Darmstadt/Berlin – Krankenkassen müssen Patienten in bestimmten Fällen eine Behandlung mit Cannabis bezahlen. Das gilt immer dann, wenn es erstens keine anderen Behandlungsmöglichkeiten und zweitens zumindest entfernte Aussichten auf Besserung gibt.

In Notfällen muss die Kasse aber sogar bezahlen, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Das geht aus einer Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts hervor (Az.: L 1 KR 256/19 B ER), wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) erklärt.

Von der Opium-Abhängigkeit zur Cannabis-Therapie

In dem Eilverfahren ging es um einen 19-Jährigen, der seit seiner frühen Kindheit an einer selten Darmerkrankung leidet. Diese verursacht unter anderem massive Bauchkrämpfe und starke Schmerzen. Zur Behandlung bekam er verschiedene Schmerzmittel auf Opium-Basis. Die Folgen: Eine Abhängigkeit, dazu Appetitlosigkeit und daraus folgende Unterernährung.

Der Arzt verschrieb dem Mann schließlich eine Therapie mit Dronabinol beziehungsweise THC, einem Cannabinoid also. Die Krankenkasse lehnte das mit Verweis auf die Suchtgefahr von Cannabis ab – schließlich sei der Mann bereits suchterkrankt. Als sich der Zustand des Mannes weiter verschlechterte, inzwischen wog er bei 1,80 Meter Körpergröße nur noch 44 Kilogramm, zog er vor Gericht.

Unversehrtheit vor Wirtschaftlichkeit

Die Klage war erfolgreich: Die Krankenkasse muss die Therapie nun für ein Jahr zumindest vorläufig bezahlen. Zwar sei unklar, ob es wirklich keine anderen Behandlungsmöglichkeiten und Aussicht auf Erfolg gibt,
so die Richter. Eine bereits auf Privatrezept begonnene Behandlung mit Dronabinol zeige aber erste Erfolge.

Und: In einem Eilverfahren müsse das Gericht die Folgen seiner verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten abwägen. Das Recht des Mannes auf körperliche Unversehrtheit stehe hier über dem wirtschaftlichen Interesse der Krankenkasse.

Fotocredits: Frank Rumpenhorst
(dpa/tmn)

(dpa)

Related posts

Comment