Fettleibigkeit: Magenverkleinerung hat Risiken

Berlin (dpa) – Der Mexikaner Manuel Uribe war mit fast 600 Kilo einst der schwerste Mensch der Welt. Er war jahrelang ans Bett gefesselt, weil er im wahrsten Sinn des Wortes nicht mehr auf die Beine kam. Sicherlich ein Extremfall.

Doch auch Menschen mit weit weniger als der Hälfte dieses Gewichts leiden unter vielfältigen gesundheitlichen und sozialen Konsequenzen. Ihre Zahl nimmt zu, vor allem in den Industrieländern. Darunter sind auch viele junge Menschen. Kann eine Magenverkleinerung neue Hoffnung geben? Die gesetzliche Krankenkasse Barmer GEK warnt davor. Ihr Chef Christoph Straub sagt: «Man kann das Wohlstandsfett nicht einfach wegoperieren.»

Lassen sich schon viele Menschen den Magen verkleinern?

Bisher nicht, sagt der Report Krankenhaus 2016. Aber die Tendenz bereite Sorgen, sagt Straub. Von 2006 bis 2014 habe sich die Zahl allein bei den eigenen Versicherten von 167 auf 1070 Fälle jährlich mehr als versechsfacht. Die gesetzliche Krankenversicherung insgesamt verzeichnete 9225 Fälle – und damit fünfmal so viele wie noch 2006.

Wo sind die Gefahren, wo die Vorteile?

Eine Magenverkleinerung sei alles andere als harmlos. Es sei vielmehr ein schwerer, nicht rückgängig zu machender Eingriff in einen an sich funktionierenden Körper, sagt Straub, der selbst Arzt ist. Kurzfristig steige auch das Sterberisiko.

Es gibt aber auch gute Nachrichten. Betroffene müssen seltener wegen Altersdiabetes, Schlafstörungen und Bluthochdruck im Krankenhaus behandelt werden. Zudem stieg die Anzahl der Geburten um 20 Fälle je 1000 Eingriffe im Vergleich zu schwer Fettleibigen, die konventionell behandelt wurden.

Was wird operiert?

Es gibt zwei wesentliche Methoden, den Magen zu verkleinern und damit ein früheres Sättigungsgefühl zu erreichen:

Schlauchmagen: Hier werden etwa 80 bis 90 Prozent des Magens entfernt, so dass nur ein schlauchartiger Rest erhalten bleibt. 2014 wurden 45 Prozent der Magenverkleinerungen auf diese Weise vorgenommen. Magenbypass: Bei diesem Eingriff wird ein Stück Magen abgetrennt und der Rest direkt mit einer Dünndarmschlinge verbunden. Dadurch können die Patienten weniger Nahrung aufnehmen. Zudem passiert der Speisebrei eine geringere Strecke im Dünndarm, wodurch weniger Nahrung verdaut werden kann. 46 Prozent der Verkleinerungen wurden so erreicht.

Wann wird operiert?

Das richtet sich im Prinzip nach dem sogenannten Body-Mass-Index (BMI). Dieser setzt Gewicht und Größe ins Verhältnis und zwar nach der Formel Gewicht (in kg) durch die Größe (in m) im Quadrat. Also bei einem Gewicht von 90 Kilo und einer Größe von 1,79 Meter ergäbe sich eine BMI von 28,9.

Eine Operation kommt ab einem BMI von 40 in Frage. Bei schwerwiegenden Begleiterkrankungen schon ab einem BMI von 35.

Wer sollte operieren?

Es gibt 350 Krankenhäuser in Deutschland, die eine solche OP anbieten, aber nur 44 sind zertifiziert, sind also ausreichend spezialisiert und haben genügend Erfahrung, um einen solchen Eingriff durchzuführen. Die Barmer GEK rät dringend dazu, nur solche Kliniken auszusuchen. Es gibt hier weniger Nebenwirkungen, weniger Komplikationen.

Übernimmt die Kasse die Kosten?

Ja, aber. Operation und Nachsorge seien grundsätzlich im Leistungskatalog der Kassen. Aber: Mit einer Magenverkleinerung allein sei es bei weitem nicht getan, warnt Straub. Die Menschen müssten erst lernen, mit dem «neuen Körper» umzugehen. Ein Schlauchmagen hilft wenig, wenn ein Betroffener danach wieder große Mengen Sprühsahne verspeist. Und ein Magenbypass könne einen lebensbedrohlichen Nährstoffmangel nach sich ziehen, weil die Enzyme im verkürzten Dünndarm kaum mehr Zeit hätten, die Nährstoffe zu spalten. Kliniken und niedergelassene Ärzte müssten deshalb gemeinsam vor Ort Nachsorgekonzepte entwickeln.

Grundsätzlich aber, sagt Straub, gelte nach wie vor: «Man kann auf dem Sofa nicht abnehmen.» Und: «Nur Bewegung verbrennt.»

Fotocredits: Sebastian Kahnert

(dpa)

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