Mainz – «Hören Sie bitte auf, Fotos Ihrer Kinder für jedermann sichtbar bei
Facebook und Co zu posten! – Auch Ihre Kinder haben eine Privatsphäre!» Mit diesem Appell erregte die
Polizei der Stadt Hagen vor einem Jahr viel Aufmerksamkeit.
Das Thema bleibt aktuell: Ist es okay, Fotos seiner Kinder online zu stellen? Welche Risiken birgt das? Und was tun Eltern ihren Kindern damit eigentlich an? Drei Experten antworten:
Dürfen Eltern Fotos ihrer Kinder öffentlich posten?
Wenn sie das Sorgerecht haben, dann ja. «Eltern sind die Sachverwalter der Rechte ihrer Kinder, entsprechend dürfen sie auch Fotos von ihnen im Internet veröffentlichen», sagt
Karsten Gulden, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht aus Mainz. Dabei haben auch Kinder ein Recht am eigenen Bild. «Im Grundsatz muss jeder gefragt werden», sagt
Carsten Ulbricht, Rechtsanwalt für Internet- und
Social-Media-Recht aus Stuttgart. «Je nach Alter können Kinder aber noch nicht selbst entscheiden, daher übernehmen die Eltern das für sie.» Beide Erziehungsberechtigten müssen sich einig sein. Hat nur ein Elternteil das Sorgerecht, darf dieser alleine bestimmen.
Ab wann dürfen Kinder mitentscheiden?
In der Regel geht man davon aus, dass Kinder etwa ab dem 14. Lebensjahr die notwendige Einsichtsfähigkeit besitzen, um über die Veröffentlichung von Fotos mitzubestimmen. «Unter 14 Jahren können die Eltern im Grundsatz alleine entscheiden», sagt Ulbricht. Danach sind bis zum 18. Lebensjahr beide zuständig – die Eltern und das Kind. «Sobald ein Kind 14 ist, muss es ausdrücklich gefragt werden», sagt Ulbricht. Dann könne es auch das Löschen von bereits im Netz publizierten Bildern verlangen.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen Eltern?
«Spätestens wenn sie volljährig sind, können Kinder gegen ihre Eltern und die Veröffentlichung der Fotos vorgehen», sagt Gulden. Basis sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. «Das Kind kann eine Unterlassung verlangen und notfalls gerichtlich erzwingen, die Bilder zu entfernen», erläutert der Jurist.
Welche Bilder sind problematisch?
Dass Nacktfotos von Pädophilen genutzt werden können, ist vielen Eltern bewusst. Doch auch vermeintlich harmlose Bilder bergen Risiken – zum Beispiel wenn der Name des Kindes darunter steht. «Es gibt bereits Suchmaschinen, bei denen man ein Foto hochladen kann, und dann wird das komplette Netz danach abgescannt», sagt Gulden. Der Jurist rät, nur Fotos zu posten, auf denen das Kind von hinten zu sehen ist oder man das Gesicht nicht erkennt.
Welche negativen Folgen drohen den Kindern noch?
«Ist ein Foto erst einmal veröffentlicht, haben Sie keine Kontrolle mehr darüber», sagt Ulbricht. Die Bilder ließen sich leicht von Dritten herunterladen und weiterverwenden. «Im Teenageralter sind Jugendlichen viele Kinderfotos unangenehm, vor allem wenn Mitschüler sie sehen.» So manches Kind werde deswegen gehänselt oder gemobbt. «Und man weiß nie, was irgendwann mal wieder hochkommt», sagt Ulbricht. Macht das Kind später Karriere, wird es sich kaum über die eigenen Töpfchen-Bilder im Netz freuen.
Helfen restriktive Privatsphäreeinstellungen?
Sie sind besser als nichts. «Wenn jemand unbedingt Kinderfotos veröffentlichen will, dann zumindest zugangsbeschränkt», empfiehlt Ulbricht. Die Gefahr, dass jemand Kopien macht, besteht aber immer: Wird ein Foto dann neu hochgeladen, bleibt es online, auch wenn das Ursprungsbild gelöscht wird. Dasselbe gilt für Messenger.
Fotocredits: Rainer Holz
(dpa/tmn)