Terror wird zum Thema im Schulunterricht

Mannheim – Terror in Berlin, Tote in Nizza, Anschlag in Kabul: Berichte über blutige Attacken flimmern über Bildschirme und machen auch vor den Smartphones von Teenagern nicht halt.

Längst ist der internationale Terrorismus Thema unter Jugendlichen. Doch wie sollen Bildungseinrichtungen mit solchen Taten umgehen? Wie erklären Pädagogen Terror – ohne die Angst auch noch zu schüren?

Mit Schweigeminuten wurde in Schulen deutschlandweit etwa der Opfer der Anschläge in Paris im November 2015 gedacht. «Eine Schweigeminute allein genügt nicht, man muss das in Erklärungen betten», sagt Direktorin Silke Herr vom
Geschwister-Scholl-Gymnasium in Mannheim.

Beim Anschlag in Nizza im Juli 2016 starben auch zwei Schülerinnen und eine Lehrerin aus dem Berliner Bezirk Charlottenburg, mit dem Mannheim eine Partnerschaft unterhält. «Das ist ein Trauma, von dem sich Schüler und Lehrer lange nicht erholen», sagt Herr. Jede Klasse müsse ihren Weg finden, damit umzugehen. «Wir wollen Kindern helfen, das Grauen in Worte zu fassen.»

Terrorismus und Islamismus sind im deutschen Alltag angekommen – und damit auch an Schulen. Das zeigt auch die weltgrößte Bildungsmesse
Didacta (14. bis 18. Februar). Ein Thema: Terrorismus als Unterrichtsstoff. Es sei zwar kein ausgesprochener Schwerpunkt der Messe, sagt Sprecherin Kaja Hoppe. Aber auf der Didacta spricht auch der Terrorexperte Elmar Theveßen, stellvertretender ZDF-Chefredakteur.

«Angesichts der Anschläge in Deutschland drängt sich das Thema Terrorismus in das Leben der Schüler, wenn auch vielleicht nicht in dem Ausmaß wie in Brüssel und Paris», sagt Theveßen. Den Lehrern komme dabei eine entscheidende Rolle zu. «Lehrer können ein Forum schaffen, in dem man offen und ohne Tabus Dinge diskutieren kann – ohne für eine starke Meinung abgestraft zu werden», betont der 49-Jährige. Dafür müssten Lehrer aber vorbereitet sein. «In Deutschland ist das Thema Terrorismus in den meisten Bundesländern leider nicht Bestandteil des Curriculums», meint Theveßen.

Was denken die Schüler selbst? Für den 16-jährigen Nils aus Heilbronn etwa ist das Thema als Unterrichtsstoff wichtig. «Wir haben vor allem im Religionsunterricht, aber auch in Französisch darüber gesprochen», sagt der Schüler eines Gymnasiums. Der Lehrer habe den Tenor vorgegeben, dann habe die Klasse diskutiert. «Man hat gelernt, die Sache von vielen Seiten zu sehen – und nicht nur seine eigene Meinung. Das hat zum Nachdenken angeregt», meint Nils.

Publikationen zum Thema sind mittlerweile durchaus zahlreich, unter anderem von der Bundeszentrale für politische Bildung (Bonn). Verlage wie dtv (München) und AAP Lehrerfachverlage (Hamburg) halten ebenfalls Broschüren oder Bücher bereit. Auch von Ministerien gibt es Handreichungen. «Ziel der Unterrichtsstunden ist es, die Schülerinnen und Schüler über die Anschläge des letzten Jahres zu informieren, zu erarbeiten, warum Frankreich schon dreimal Ziel von Anschlägen wurde und sich über weitere Gefahren und Folgen bewusst zu werden», heißt es etwa in einer Vorlage des Kultusministeriums in Stuttgart.

«Die meisten Schüler sind zunächst an den Fakten interessiert», sagt ein Lehrer einer Schule in Ulm. «Dann kommt schnell das Bedürfnis, darüber zu reden.» Bei manchen Jugendlichen sei es besser, Einzelgespräche zu führen. «Oft sind sie sich ihrer Meinung nicht sicher. Sie wollen nicht vor der ganzen Klasse darüber sprechen», sagt der Pädagoge, der ungenannt bleiben will.

Für den Terrorexperten Theveßen ist Aufklärung über die Hintergründe von Gewalt auch Medienerziehung. «Leider sind wir mittlerweile in einem Universum unterwegs, in dem es schwer fällt, in all dem Lärm die richtigen Medien herauszusuchen», sagt er. Gerade nach Anschlägen machten in sozialen Medien oft wilde Gerüchte die Runde. «Insofern ist es sinnvoll, sich damit zu beschäftigen, wie man zwischen «Fake News» und dem, was verlässlich ist, unterscheiden kann.»

Fotocredits: Marijan Murat
(dpa)

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