Wetter/Bad Honnef – Bücken, langes Stehen oder Hantieren über dem Kopf – das kann im Alter schon mal schwer fallen. «Für Senioren mit Gelenkbeschwerden ist manches davon sogar unmöglich», sagt Michael Hubert von der Agentur Barrierefrei NRW. Beim Kochen in einer handelsüblichen Küche lassen sich genau diese Bewegungen aber oft kaum vermeiden.
Deshalb kann es spätestens im Alter sinnvoll sein, die Küche so umzubauen, dass sie zum eingeschränkten Bewegungsrepertoire passt. Das fängt schon damit an, dass man Sitzgelegenheiten schafft und Hindernisse aus dem Weg räumt. «Gerade in der Küche ist es ganz wichtig, dass man genug Platz hat, um sich mit seinem Rollstuhl oder Rollator zu bewegen», sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie.
Ideal ist für Ältere eine Arbeitsfläche, die bereits auf die Sitzhöhe angepasst ist. Bei der Spüle und den Arbeitsplatten beispielsweise lassen sich zudem die Unterschränke entfernen – so hat darunter ein Rollstuhl Platz. Die Backofentür ist dann eher auf Höhe des Oberkörpers angebracht.
«Das Schöne an der Küche ist, dass keine vorgefertigten Setups die Gestaltung einschränken», sagt Volker Irle, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche. Wer seine Kochgelegenheit um- oder neu baut, hat daher alle Möglichkeiten: Statt Rollator lassen sich etwa Stehhilfen einbauen. Elektrisch höhenverstellbare Arbeitsflächen oder Küchentische erleichtern das Leben. Haltegriffe für den Wechsel zwischen Rollator und Küchenstuhl geben zusätzliche Sicherheit.
Wer keine Gläser oder Teller mehr aus dem obersten Fach des Hängeschranks angeln will, montiert den Schrank entweder tiefer oder füllt nur das untere Fach mit dem Nötigsten. Bei tiefen Schränken sind den Experten zufolge kleine Podeste möglich, die wie eine Leiter beim Aufstieg helfen. Lifte, mit denen die Schränke elektrisch wie eine Art Paternoster hoch- und runterfahren, lassen sich nachrüsten.
Gut für Senioren geeignet sind auch Scharniersysteme, die sich aus Hängeschränken herunterziehen lassen. «Das braucht allerdings etwas Kraft und Bewegungssicherheit», sagt Hubert. Apothekerschränke, die sehr schwer zu öffnen sind, können mit kleinen Motoren versehen werden. «Die muss man nur noch antippen, dann schließen sie von selbst», erklärt Irle.
Sicht und Orientierung spielen in der seniorengerechten Küche ebenfalls eine große Rolle. «Arbeitsflächen in der Küche müssen gut ausgeleuchtet sein. Man kann eigentlich nicht zu viel Licht haben», sagt Hubert. Bedienelemente sollten möglichst kontrastreich, Zahlen eindeutig und groß sein, Schalter rasten beim Ein- und Ausschalten am besten hör- und spürbar ein.
Die ideale Kochfeld-Form für Senioren sind vier Herdplatten nebeneinander, rät Geisman. Das verringert die Verbrennungsgefahr. Sie plädiert darüber hinaus für das Zwei-Sinne-Prinzip, also für Küchengeräte, die optisch und akustisch zugleich vor Gefahren warnen. Mit einem sogenannten Herdwächter – einem kleinen Sensor, der über dem Herd angebracht wird – lässt sich das Prinzip für relativ wenig Geld auch in bestehende Küchen integrieren.
Wer will, kann seine neue Küche mit entsprechender Technik zudem «smart», also intelligent gestalten. «Dann erkennt die Dunstabzugshaube, was gekocht wird, und stellt sich entsprechend ein», erklärt Irle. Theoretisch geht das bis zum vollständigen Kochprogramm: Der Herd weiß, wann das Gericht gekocht oder nur noch warmgehalten werden muss und schaltet sich aus, falls man die Suppe vergisst. Schränke oder Schubladen, die sich per Sprachbefehl oder mittels Gesten öffnen lassen, sind heute ebenfalls möglich.
Die Experten empfehlen weiter, ergonomisch und kräfteschonend zu arbeiten sowie möglichst kurze Wege zu schaffen. Also den Tisch etwa in der Nähe des Kühlschranks und der Schränke zu platzieren. Offene Wohnküchen, wie sie heutzutage zunehmend verbaut sind, können da ein Vorteil sein. «Das eröffnet zudem ganz andere Freiheiten in der Umgestaltung», sagt Irle. Zum Transport von Gläsern, Tellern oder Nahrungsmitteln ist ein Rollwagen oder ein spezieller Hausrollator hilfreich. «Das ist kein riesiger Kostenfaktor», sagt Hubert.
Generell gilt beim Thema Geld: Die Pflegekasse steuert bis zu 4000 Euro für Umbaumaßnahmen bei, wenn man einen Pflegegrad nachweisen kann. Die KfW-Bank bietet zinsgünstige Kredite, erklären die Experten. Mieter aber sollten auf jeden Fall ihren Vermieter hinzuziehen. Er muss einem Umbau zustimmen. Vielleicht lässt sich so aber auch eine Beteiligung an der Neugestaltung erwirken. «Letztlich ist das eine Aufwertung der Wohnung», sagt Geismann.
Wer sich für eine Umbaumaßnahme oder eine komplett neue, altersgerechte Küche entscheidet, sollte sich unbedingt vorab beraten lassen und die professionelle Hilfe eines Architekten in Anspruch nehmen. Seniorenberatungen sind ebenfalls geeignete Ansprechpartner. Hubert schlägt vor, sich vorab an eine unabhängige, lokale Wohnberatungsstelle zu wenden.
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(dpa/tmn)