Frankfurt/Main – Sie sind kein Pflegedienst und auch keine Partnervermittlung – die vor zehn Jahren gegründeten rosa Paten in Frankfurt sind ein Angebot für ältere homosexuelle Männer, die zu vereinsamen drohen.
Norbert Dräger von der Frankfurter Aids-Hilfe organisiert die Gruppe der Ehrenamtlichen, bringt «Paten» und zu Betroffene zusammen. Zur Zeit gibt es mehr Wünsche, einen Paten zu bekommen, als Paten mit Zeit für einen Senior, sagt er. «Es ist meine Aufgabe zu sehen, ob es passt, ob die Chemie stimmt zwischen rosa Paten auf der einen Seite und dem Senior andererseits, der sich wohl fühlen soll», beschreibt Dräger seine Arbeit. «Manchmal klappt das auf Anhieb, manchmal müssen wir ein bisschen länger suchen.»
Mittlerweile liegt der Flyer der
rosa Paten auch in mancher Senioreneinrichtung. Altenpfleger sind schon von sich aus auf Dräger zugekommen, wenn sie den Eindruck hatten, einer der betreuten Senioren könnte homosexuell sein. «Da merken die Angestellten dann, dass irgendwas ungewöhnlich ist, dass etwa nie die Rede von einer Frau oder von Familie ist», sagt Dräger.
Allerdings sei bei der Kontaktaufnahme Fingerspitzengefühl gefragt. Denn die Generation der jetzt 70- oder 80-Jährigen habe in jüngeren Jahren ein stetes Versteckspiel führen müssen – erst seit 1994 sind homosexuelle Kontakte nicht mehr strafbar. Diskretion sei für diese Generation zur zweiten Natur geworden, betont Dräger.
So hatte Dräger einmal mit einem Altenheimbewohner zu tun, der eigentlich vom Konzept der rosa Paten angetan war. «Aber er hat sich dann letztlich dagegen entschieden, weil er panische Angst hatte, dass die Nachbarn irgendwas mitbekommen, wenn er immer wieder von einem Mann besucht wird.»
In einem anderen Fall sei ein Mann nach dem Tod seines langjährigen Partners sehr allein gewesen. «Die beiden haben nie zusammen gewohnt, aber Tür an Tür im gleichen Haus, in zwei Wohnungen, nur damit nicht bekannt wird, dass sie homosexuell sind», erzählt Dräger. «Das war eigentlich eine tragische Geschichte. Und diese Diskretion konnte er nicht überwinden.»
Das Versteckspiel schwuler Senioren dauere zum Teil bis ins hohe Alter. «Vielleicht ist da auch die Angst zu erkennen: Es gibt jetzt so viele andere Möglichkeiten, aber ich bin so alt, ich kann es nicht mehr nutzen», meint Dräger. «Und es ist sehr schwer, Mut zu fassen und zu sagen: Ich fang noch mal was Neues an.»
Zwischen Paten und Senioren seien schon enge Freundschaften entstanden – auch wenn angesichts des Altersunterschiedes auch Sterben und Tod Themen seien. «Wir haben schon mehrere Senioren verloren», sagt Dräger. «Das ist schon ein trauriger Moment, gerade für denjenigen, der ihn schon länger besucht hat und freundschaftliche Kontakte aufgebaut hat – da ist der Abschied schwer.»
Fotocredits: Frank Rumpenhorst
(dpa)