Münster – Mal ist es ein dummer Spruch von der Seite. Mal wird man im Gedränge begrapscht. Es gibt viele Situationen, in denen Frauen selbstbewusst auftreten und wachsam sein müssen. Im Ernstfall kann das bedeuten: entschlossen handeln und sich verteidigen.
Eine Frau ist einem Angreifer nicht hilflos ausgeliefert, selbst wenn er ihr körperlich überlegen erscheint. Wird sie in einer Disco auf der Tanzfläche von einem Fremden gegen ihren Willen angegrabscht, gibt es mehrere Wege zur Gegenwehr.
Sie kann an der Theke Bescheid geben, dass sie belästigt wird. Sie kann auf ein vorher verabredetes Handzeichen hin mit ihren Freundinnen das Lokal verlassen. Oder sie kann dem Angreifer ganz einfach laut und bestimmt mitteilen, dass er seine Hände gefälligst bei sich behalten soll.
Sich mit lauter Stimme Gehör verschaffen: «Dieses Prinzip funktioniert auch auf der Straße», sagt Eva-Maria Lerche. Die Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungstrainerin ist Mitglied im Vorstand des Frauensportvereins Münster (FSV). Besonders wichtig sei, den Angreifer zu siezen, also entschlossen zu rufen: «Lassen Sie mich in Ruhe!» Das signalisiert Umstehenden, dass es sich nicht um einen Spaß handelt, sondern um eine wirkliche Bedrohung – und dass die Frau den Angreifer nicht kennt oder mit ihm befreundet ist.
Gegenwehr in einer Gefahrensituation – das ist oft leichter gesagt als getan. Bei vielen Frauen macht sich eine Art Ohnmachtsgefühl breit, wenn ihnen etwas Negatives widerfährt. «Aber in den allermeisten Fällen sind sie definitiv nicht wehrlos», betont Diplom-Psychologin Birgit Spieshöfer aus Verden in Niedersachsen. Schon mit kleinen Körperbewegungen – etwa mit dem Kopf, dem Fuß oder der Hand – kann sich eine Angegriffene, die sich wie gelähmt fühlt, ins Bewusstsein rufen: «Ich bin handlungsfähig!»
Frauen, die wissen, dass sie in Gefahrensituationen blockieren, können ihr Verhalten schulen. Das geht über Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse, die deutschlandweit in nahezu jeder Stadt angeboten werden.
In Rollenspielen durchlaufen die Teilnehmerinnen verschiedene Szenarien. «Dabei wird auch geprobt, laut zu werden, was vielen aufgrund ihrer Sozialisation eher fremd ist», erklärt Lerche. Wenn Frauen gegen ein Schlagkissen treten, können sie erfahren, dass in ihnen viel mehr Kraft steckt, als sie denken.
Selbstbehauptung und Selbstverteidigung sollten in den Kursen immer zu gleichen Teilen trainiert werden, rät Lerche. Denn es ist immer besser, in einem ersten Schritt zu versuchen, einen Angreifer durch ein entschlossenes Auftreten in seine Schranken zu weisen. «Täter lassen erfahrungsgemäß oft schnell von ihrem Opfer ab, wenn sie merken, dass sie auf Gegenwehr stoßen.»
Wenn es nicht anders geht und der Angreifer ein Opfer schon umklammert hält, kann man sich mit einfachen Selbstverteidigungstechniken befreien. «Das wichtigste Prinzip der Verteidigung ist immer: Was habe ich frei, wo komme ich hin», sagt Lerche. Um die Techniken zu verinnerlichen, ist es aber hilfreich, zumindest für eine Weile eine Kampfsportart wie Jiu-Jitsu zu trainieren.
Es gibt auch Übungen für zu Hause, um das eigene Ich zu stärken. Spieshöfer nennt ein Beispiel: «So können sich Frauen gedanklich eine bestimmte Situation vorstellen, parallel dazu mit einer Faust auf ein Kissen schlagen und dabei laut «Nein, nein, nein» sagen.»
Manche Frauen haben ein Pfefferspray dabei, wenn sie abends ausgehen. Lerche rät davon ab. Das Risiko, im Notfall in einem Gerangel sich vielleicht selbst mit dem Pfefferspray zu verletzen, sei viel zu hoch. Ähnlich sieht es auch Frank Scheulen vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Wird eine Person durch Pfefferspray verletzt, kann das außerdem ein Ermittlungsverfahren nach sich ziehen.
Besser als Pfefferspray: eine Trillerpfeife mit sich führen. «Der dadurch verursachte Lärm kann einen Angreifer schnell in die Flucht schlagen», erklärt Scheulen. Das eignet sich zum Beispiel auch, um lästige Anrufer abzuwimmeln.
Wichtig ist, dass Frauen in der Dunkelheit selbstsicher auftreten – «mit dem inneren Gefühl, dass ich stark bin und mich wehren kann», sagt Spieshöfer. Und mit dem Wissen, dass sie die Trillerpfeife in der Tasche immer parat haben.
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(dpa/tmn)