Hamburg (dpa/tmn) – Trennungen gab es zwischen Sabine und Frank Schulze* viele. Die erste bereits ein Jahr nach der Hochzeit. Sabine verließ Frank, verzichtete dennoch auf eine Scheidung. «Jedes Mal, wenn wir wieder zusammen kamen, war die Liebe neu entflammt», sagt sie.
Frank versprach, geduldiger und rücksichtsvoller zu sein, Sabine wollte toleranter werden. 17 Jahre lebte das Paar im On-/Off-Modus. Die Trennungsphasen hätten dafür gesorgt, dass man sich neu ineinander verlieben konnte, sagt Sabine.
Können Beziehungspausen die Liebe retten? Eine Verabredung, sich in einer ausweglos scheinenden Phase der Beziehung zu trennen, birgt nach Ansicht von Paartherapeuten durchaus Potenzial: «Eine Trennung auf Zeit – für einige Wochen oder wenige Tage – gibt den Partnern die Chance, sich zu sortieren und emotional zur Ruhe zu kommen», sagt der Paarcoach Henning Matthaei aus Hamburg. Am Ende müssten aber das Gespräch und die Suche nach der Konfliktlösung stehen. «Einfach nur auseinander zu gehen, um Dampf abzulassen und dem anderen weniger Angriffsfläche zu geben, das funktioniert nicht.»
Aktuelle Statistiken darüber, wie viele Paare in Deutschland solche Auszeiten nutzen, um der Beziehung eine neue Chance zu geben, gibt es nicht. Ebenso wenig, ob Trennungen auf Zeit tatsächlich der Beziehung wieder Schwung verleihen und ein endgültiges Aus verhindern. «Älteren Untersuchungen zufolge finden in Deutschland relativ wenige Paare nach einer Trennung wieder zusammen», sagt der Soziologieprofessor Oliver Arránz-Becker von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der zum Erfolg von Paarbeziehungen geforscht hat.
«Nicht viele Paare haben den Mut, mit einer Trennung auf Zeit die Liebe zu retten», sagt der Diplom-Psychologe und Paartherapeut Michael Cöllen aus Hamburg. «Eine solche Beziehungsauszeit ist mit einem hohen Risiko verbunden, der Ausgang ist offen.» Er beobachtet, dass 20 bis 25 Prozent der Paare, die mit dem Gedanken der Trennung eine Paarberatung in Anspruch nehmen, auch das «Trennungsexperiment auf Zeit» wagen.
Wenn die Paare die Zeit konsequent nutzen, könne eine solche Auszeit positive Impulse setzen, sagt Cöllen. Voraussetzung für ein Gelingen sind konkrete Absprachen wie vereinbarte Treffen und auch eine Klärung, ob man gemeinsame Hilfe zur Konfliktlösung nutzen will. «Eine mehrmonatige Sendepause allein bringt nichts, weil die Konflikte nicht gelöst werden.» Bei den Treffen sollten die (Ex)-Partner «Ich-Botschaften» statt anklagender «Du-Botschaften» aussprechen. Ein Trennungstagebuch, das jeder führt, kann helfen, die Beziehung zu reflektieren und neben den schlechten auch gute Erfahrungen in das Bewusstsein zu rücken.
Der Versuch eines gemeinsamen Neustarts ist vor allem ein Abwägungsprozess. «Nur wenn die Investitionen wie Kinder, Trennungskosten oder andere Barrieren als erheblich und die verfügbaren Alternativen von beiden Ex-Partnern als unbefriedigend wahrgenommen werden, kann ein erneuter Aushandlungsprozess eingeleitet werden», sagt Soziologe Arránz-Becker. Am Ende dieses Prozesses kann dann eine gemeinsame Entscheidung für eine Versöhnung stehen.
Trennungen auf Zeit als Chance für die Liebe funktionieren nur, wenn beide es wollen, sind sich die Experten einig. «Beide Partner müssen die Trennung auf Zeit als hilfreichen Weg empfinden und die Zeit nutzen, um sich Klarheit zu verschaffen», sagt Paartherapeut Matthaei. Zu den Absprachen gehört auch eine Vereinbarung, wie lange die Beziehungspause dauern soll. Wichtig ist, dass grundlegende Übereinkommen auch in dieser Phase gelten. «Treue ist in den allermeisten Partnerschaften ein Versprechen, an das sich beide halten. Ein Seitensprung in dieser Phase wäre ein No-Go.»
Und wo bleiben die Gefühle? Paartherapeut Cöllen plädiert neben den Krisengesprächen auch für bewusste gemeinsame Wohlfühlzeiten – wie ein gemeinsames Essen oder ein Familienausflug mit den Kindern. «In diesen Wohlfühlzeiten sollten die Konflikte und Streits ganz bewusst ausgeklammert werden.»
Sabine und Frank ließen sich nach 17 Jahren scheiden. «Eine ideale Beziehung von Vater, Mutter, Kind und mit Haus war mir immer wichtig», begründet die 50-Jährige das lange Festhalten an der Ehe. Lange habe man um die Beziehung gekämpft. Letztlich seien die Konflikte unüberbrückbar gewesen.
Fotocredits: Monique Wüstenhagen
(dpa)