Cham – Die Macht ist mit ihnen – zumindest samstags, wenn sich ein Dutzend «Star Wars»-Fans zum Training mit Lichtschwertern trifft. Das Zentrum der Macht liegt nicht in einem fernen Universum oder in Hollywood, sondern in Bayern.
Die Jedi Academy in der Kleinstadt Cham bietet seit fünf Jahren Kurse im Lichtschwertkampf an und trainiert für Auftritte bei «Star Wars»-Events. In einer nüchternen und so gar nicht filmreifen Schulturnhalle duellieren sich gerade sechs Kämpfer. Die meisten tragen Jedi-Kostüme. Der 16-jährige Kevin ist heute ein Sith, einer der Bösen. In schwarzer Kutte und mit düsterer Schminke schwingt er sein Lichtschwert. Der Schüler ist in seinem Element.
Coole Auftritte vor Publikum
Die «Star Wars»-Filme habe er natürlich alle gesehen. Dass er hier selbst mit Lichtschwertern kämpfen kann, findet Kevin toll. Seit vier Jahren ist er schon dabei. «Klar», sagt er, «wenn ich das anderswo erzähle, werde ich schon manchmal belächelt.» Das mache ihm nichts aus. Beim Training könne er sich austoben – Muskelkater inklusive – und die Auftritte vor Publikum seien «cool». Seinen Mitstreitern geht es ähnlich. Die Kultfilme von US-Regisseur George Lucas und ihre Nachfolge-Trilogien, die Macht und der Kampf «Gut gegen Böse» faszinieren die Hobbykämpfer. Besonders große Fans feiern übrigens am kommenden Samstag «Star Wars Day» – das Datum geht auf ein englisches Wortspiel mit dem Jedi-Gruß «May the force be with you» zurück.
Seit 2014 gibt es die Lichtschwert-Show-Kampfschule. Damals seien sie die erste dieser Art in Deutschland gewesen, sagt Michael Loy. Um den Namen nutzen zu dürfen, seien sie beim Disney-Konzern registriert. Inzwischen gebe es auch andere Gruppen. Loy findet das gut, schließlich sollen auch andere «Star Wars»-Fans in den Genuss kommen. Der 21-jährige Informatikstudent hat vor einem Jahr die Leitung der Academy übernommen. Er ist heute ein Jedi, ein Guter.
Umgebaute Taschenlampen als Lichtschwerter
Die Lichtschwerter gibt es im Internet zu bestellen. Man könne sie aber auch selber basteln. Im Grunde seien das umgebaute Taschenlampen mit einem Strahl aus Kunststoff vorne dran, erläutert er. Die Kostüme ließen sie nach eigenen Entwürfen im «Star Wars»-Stil schneidern und auch die Choreographien für Auftritte entwickelten sie selbst. Lichtschwertkampf sei ein schneller und körperbetonter Sport, wegen des Gewichtes der Schwerter durchaus anstrengend, sagt Loy. Besonders in Frankreich sei Lichtschwertkampf sehr beliebt.
In der Tat hat der französische Fechtverband vor wenigen Monaten Lichtschwertkampf zu einem offiziellen Sport erklärt – wohl auch, um über «Star Wars» junge Leute zu animieren, sich zu bewegen. Olympisch wie der Kampf mit Säbel, Degen und Florett ist er aber noch nicht.
In Deutschland verfolge man diese Entwicklung mit Interesse, sagt Stella Kluge vom Deutschen Fechter-Bund. Eine Aufnahme ins Verbandsprogramm werde geprüft, es sei jedoch nicht geplant, noch vor den Olympischen Spielen 2020 es den Franzosen gleichzutun. Die Regeln beim Lichtschwertkampf seien denen beim Fechten ähnlich. Es unterscheide sich beispielsweise das Kampffeld, das beim Fechten länglich und beim Lichtschwertkampf rund ist.
Kampftechnik lernen und trainieren
Auch der Göttinger Erziehungswissenschaftler Matthias Völcker, der zur Fankultur des Krieges der Sterne forscht, sieht Lichtschwertkampf durchaus als Sportart an. Man müsse Techniken erlernen, trainieren, es habe Vereinsstrukturen. Es erfordere auch Disziplin. Er spricht hier von einer ganz spezifischen Form, sein Fan-Sein auszuleben. Zudem hätten die Teilnehmer die Chance, das selbst zu machen, was sie aus Filmen oder Computerspielen kennen.
Die Filme seien so etwas wie der gemeinsame Identifikationspunkt. Neben den technischen Aspekten fasziniere Fans an «Star Wars» das Grundthema der Heldenreise: «Jemand, der eigentlich eher unbedeutend ist, wird mit einer Herausforderung konfrontiert und entwickelt sich auf dieser Reise letztendlich weiter und kehrt als jemand ganz anderes zurück.» Sich dann nicht nur Filme anzuschauen und Bücher zu lesen, sondern selbst mit Lichtschwertkampf aktiv zu werden, sei schon etwas «Abgefahrenes, Exklusives».
In der Gruppe könnten Fans ihre Leidenschaft teilen. Fans hätten eine sehr emotionale Beziehung zum Objekt ihrer Fanbegierde und verstünden das als Teil ihrer Identität. «Es hat im Leben dieser Menschen eine ganz essenzielle Bedeutung.»
So geht es auch Mario, der seit gut drei Jahren in der Jedi Academy aktiv ist. Er habe einen Auftritt der Lichtschwertkämpfer gesehen und habe das sofort toll gefunden. An «Star Wars» fasziniere ihn auch die Macht und wie man sie nutzen könne. Mario findet sein Hobby «cool», wie er sagt – auch wenn manche seiner Arbeitskollegen darüber schmunzelten.
Fotocredits: Armin Weigel
(dpa)