Der Trend geht zur späten Geburt

Immer mehr Frauen haben es mit dem Nachwuchs nicht so eilig wie frühere Generationen. Welche Ursachen stecken hinter dem aufgeschobenen Kinderwunsch, wenn jeder Gynäkologe bei einer werdenden Mutter über 35 von einer Risikoschwangerschaft spricht?

Durchschnittsalter bei Erstgeburt steigt

Bei der Geburt ihres ersten Kindes werden Frauen in Deutschland immer älter. 2019 lag das Durchschnittsalter laut Statistischem Bundesamt bei 30,1 Jahren. Im Jahr 2018 waren es noch glatte 30 Jahre. 2009 betrug der Wert 28,8 Jahre. Damit steigt das Erstgeburtsalter dynamisch an.

Bemerkenswert ist die Zunahme von Müttern, die mit 40 oder mehr Jahren ihr erstes Kind gebären. 2019 erblickten 43.988 Kinder das Licht der Welt – und das Lächeln ihrer über 40-jährigen Mutter. Prozentual gesehen waren es 5,6 Prozent aller Neugeborenen. 2018 lag die Zahl niedriger (42.904 von 787.523 Geburten oder rund 5,4 Prozent). Im Vergleich zum Jahr 1990 hat sie sich nahezu vervierfacht.

Im europäischen Vergleich landet Deutschland damit im oberen Drittel. Etwa in Italien und Spanien ist das Durchschnittsalter bei Erstgebärenden ähnlich hoch. Vergleichsweise früh bekommen Frauen in den osteuropäischen Ländern Nachwuchs. Bulgarien hat mit 26,2 Jahren die durchschnittlich jüngsten erstgebärenden Mütter. Aber auch dort ist der Trend zur späten Geburt schon im Gange.

Regionale Unterschiede beim Durchschnittsalter der Erstgebärenden in Deutschland

Das Durchschnittsalter bei der Geburt des ersten Kindes lag 2019 mit 28,9 Jahren in Sachsen-Anhalt am niedrigsten. Mütter in Hamburg waren mit 31,2 Jahren am ältesten. Großstädte mit einer hohen Akademikerinnendichte treiben den Trend zur späten Mutterschaft voran. Denn unter den Akademikerinnen liegt das Alter bei der ersten Geburt noch etwas höher als bei Müttern mit geringerem Bildungsstand.

Zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland hat sich das Geburtenverhalten inzwischen weitgehend angeglichen. Vor der Wiedervereinigung waren der Unterschied erheblich. 1989 lag das Durchschnittsalter bei ostdeutschen Müttern bei 22,9 Jahren. In Westdeutschland waren Erstgebärende 1989 durchschnittlich rund 27 Jahre alt.

Ursachen für späte Geburt

Als Gynäkologe spricht man von einem aufgeschobenen Kinderwunsch, wenn die Erstgeburt nach dem 30. Lebensjahr stattfindet. Immer mehr Frauen entscheiden sich dafür. Sie warten mit dem Nachwuchs, um sich erst beruflich und persönlich zu entwickeln. Die Ausbildung beziehungsweise das Studium, eine solide Karriere und persönliche Projekte oder Reisen sind im Alter von 20 bis 30 Jahren oft wichtiger als die Kinderplanung. Zudem spielt die Frage nach einer hochwertigen Kinderbetreuung eine Rolle. Weil immer mehr Frauen arbeiten und sich tendenziell weniger häufig auf Hilfe seitens der Großeltern verlassen können, wollen viele werdende Eltern den finanziellen Aspekt der Kinderbetreuung abgesichert sehen, ehe sie den Kinderwunsch angehen.

Zusätzlich ermöglicht der medizinische Fortschritt das spätere Mutterglück häufiger, als es früher der Fall war. Künstliche Befruchtung und Hormontherapien sind heute keine Ausnahmen mehr. Dadurch gibt es immer mehr Frauen, die mit 30, 40 oder darüber hinaus Mutter werden. Die Bezeichnung Risikoschwangerschaft ist übrigens bei Erstgebärenden über 35 obligatorisch. Gleiches gilt bei Frauen, die ab 40 erneut schwanger sind.

Doch es bleiben auch vermehrt Frauen kinderlos, gewollt oder ungewollt. Das legt die sinkende Geburtenziffer nahe. Sie gibt die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau an. In Deutschland liegt sie derzeit bei 1,54. Im europäischen Vergleich landet Deutschland damit im Mittelfeld.

Bild: pixabay.com, dw-lifestylefotografie, 1533541

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