Achtung «Mundräuber»: Obstdiebstahl ist kein Kavaliersdelikt

Mainz – Die einen sacken gestohlene Kirschen tütenweise ein, andere rücken gar mit Lieferwagen an und räumen eine ganze Plantage von Aprikosen leer – das sind zwei größere Fälle von Obstdiebstahl, die sich rund um Mainz ereignet haben. Es sind aber keine Einzelfälle.

Es gibt unzählige Fälle, in denen Diebe einfach so im Vorübergehen nach Früchten am Wegesrand greifen und sie sich in den Mund stecken. Ein Kavaliersdelikt?

Die Polizei kennt da keinen Spaß. «Diebstahl fängt schon bei der ersten Kirsche an», betont Fabian Skär, Sprecher der Mainzer Polizei. Und so wartet auf die ertappten Kirschendiebe eine Anzeige.

Da hilft es auch nichts, dass sich die Langfinger in Anwesenheit der Polizei mit dem Obstbauern einigen und ihm die zehn Kilogramm Kirschen im Wert von etwa 80 Euro schließlich für 100 Euro abkaufen. «Diebstahl ist ein sogenanntes Offizialdelikt, da hat die Polizei keine Wahl», erklärt Skär. Die Staatsanwaltschaft entscheidet dann, ob die Anzeige weiterverfolgt oder das Verfahren eingestellt wird.

«Wir haben kein spezifisches Täterprofil», erklärt Polizeisprecher Skär. Da gebe es fast professionell organisierte Diebe wie die Bande, die vor kurzem bei Mainz ein ganzes Feld Aprikosen abgeerntet und mit rund 350 Kilogramm Obst verschwunden ist. «Da muss man schon mit einem Kleintransporter anrücken», vermutet er. «Es kann aber auch der Jogger oder Wanderer sein, der zugreift.»

Auch diese Gelegenheitsdiebe machen den Obstbauern das Leben schwer. «Wenn Hunderte und Tausende an den Wochenende in den Naherholungsgebieten unterwegs sind und jeder nur zwei Äpfel mitnimmt, sind auch große Mengen weg», erklärt Ludwig Schmitt, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd. Der angerichtete Schaden geht schnell in die Hunderte Euro – und tut Obstbauern richtig weh. Das gilt in diesem Jahr vielleicht noch mehr als sonst, weil wegen der Frostschäden im Frühjahr die Ernte ohnehin erheblich niedriger ausfallen wird.

«Wir sind darauf angewiesen, was an Obst an den Bäumen hängt, um unsere Familien zu ernähren», betont Schmitt. Zu dem unmittelbaren finanziellen Verlust kommen noch die Schäden hinzu, die Diebe anrichten, wenn sie Äste abreißen und Bäume krank werden, weil sich in die Wunden Pilze einnisten und ausbreiten. «Dann haben wir den doppelten und dreifachen Schaden», klagt Schmitt.

Es kann sogar noch schlimmer kommen. Der Verbandssprecher weiß von einem Obstbauern zu berichten, der von Dieben, die er in seiner umzäunten Plantage auf frischer Tat erwischt hatte, verprügelt und krankenhausreif geschlagen wurde.

Tipp für legalen «Mundraub»

Es geht auch anders: Wer Äpfel oder Birnen vom Baum am Wegrand pflücken will, ohne dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, kann sich im Internet auf der Seite mundraub.org informieren. Die Betreiber der nach eigenen Angaben «größten Plattform für die Entdeckung und Nutzung essbarer Landschaften weltweit» haben das Ziel, das Obst herrenloser Bäume und Sträucher nicht verderben zu lassen, sondern der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

Auf Karten können Interessierte sehen, wo die Nutzer dieser Plattform derartige Gewächse gemeldet haben. Umgekehrt können dort auch Bäume und Sträucher eingetragen werden, an denen sich Obstfreunde bedienen dürfen. Zu den «Mundräuber-Regeln» gehört es unter anderem, dass die Melder herrenloser Bäume vor dem Eintrag sicherstellen sollen, dass keine Eigentumsrechte verletzt werden, und dass Bäume und Natur sorgsam behandelt werden.

Fotocredits: Jens Wolf
(dpa)

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