Bonn – Erbe – das ist für die meisten Menschen ein schwieriges Thema. Schließlich bedeutet es eine Auseinandersetzung mit dem Tod. Trotzdem sollte man sich so früh wie möglich damit befassen.
Das gilt auch für Menschen, die keine Familie haben oder mit ihren Angehörigen zerstritten sind und ihnen möglichst wenig hinterlassen wollen. Grundsätzlich gilt: «Jeder Mensch ist frei, in seinem Testament denjenigen zu bedenken, den er bedenken möchte», betont Monika Willich. Sie ist beim Malteser Hilfsdienst für Nachlässe verantwortlich. Aber: Den nächsten Angehörigen steht ein Pflichtteil zu.
«Das gilt für Ehepartner, Kinder oder Eltern», sagt Stephanie Herzog von der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. «Ihnen steht die Hälfte dessen zu, was sie bekommen hätten, wenn das gesetzliche Erbrecht gegriffen hätte». Ein Beispiel: Hat jemand nur einen Ehepartner und keine Kinder oder Eltern mehr, würde diesem die Hälfte des gesamten Vermögens zustehen. Hinterlässt jemand drei Kinder, müssten sie jeweils ein Sechstel des Erbes bekommen. Über den verbleibenden Teil kann man frei entscheiden.
Damit der eigene Wille nach dem Tod berücksichtigt wird, muss man ein
Testament aufsetzen. Sonst wird alles unter den Erbberechtigten – Ehepartner, Kinder oder Eltern – aufgeteilt. Wenn jemand keine Eltern, Kinder oder Ehepartner mehr hat, bekommt das Geld der nächste Blutsverwandte – zum Beispiel Geschwister, Tanten oder Neffen. Wer weder Angehörige hat noch ein Testament aufgesetzt hat, hinterlässt sein Vermögen dem Staat. «Ein Testament muss von A bis Z handgeschrieben oder von einem Notar beurkundet sein, damit es Gültigkeit hat», betont Herzog.
Ob man anspricht, dass man den nächsten Angehörigen nur den Pflichtteil vererben möchte, hängt von der Beziehung und der eigenen Motivation ab. Grundsätzlich ist Offenheit in Bezug auf das
Erbe innerhalb der Familie hilfreich. «Ist die Beziehung zu den Enkeln oder Kinder ruiniert, ist ein Gespräch eher nicht sinnvoll», sagt Ursula Lenz von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen. In dem Fall sollte man sich am besten von einem Fachanwalt für
Erbrecht beraten lassen, empfiehlt Lenz. Vor allem, wenn es sich um ein größeres Vermögen handelt.
Nicht immer muss ein Streit der Grund dafür sein, dass manche Menschen ihren nächsten Angehörigen Anteile statt des gesamten Hab und Guts zuwenden möchten. «Viele möchten mit ihrem Vermögen Gutes tun», sagt Willich. Das seien zum Beispiel Menschen, die im Krieg und in der Nachkriegszeit Leid erfahren haben. «Die wissen, wie es ist, nichts zu Essen zu haben.» Hinzu kommt: «Kinder, die erben, stehen meist mitten im Leben», sagt Willich. Dann überlege sich manch einer, einen Teil des Vermögens an die gut gestellten Kinder zu geben, und einen anderen Teil einer gemeinnützigen Organisation zu spenden.
Für einen solchen Fall rät Lenz: «Möchte man der Familie nicht alles zukommen lassen, sondern auch zum Beispiel einer sozialen Organisation oder Freunden, würde ich persönlich das auch sagen.» Und Willich ergänzt: «Das ist häufig eine Lösung, mit der auch die Kinder einverstanden sind.»
Wichtig ist, ein inneres Gespräch mit sich selbst zu führen, wie Lenz es nennt. «Was möchte ich? Wem möchte ich etwas zukommen lassen?» Hilfreich sei sicher auch ein Gespräch mit einem Vertrauten – ein Freund, ein Pfarrer oder die Leiterin der Senioren-Gruppe zum Beispiel. «Gemeinnützige Organisationen bieten Beratungsgespräche und Informationen für diejenigen an, die sich mit dem Gedanken tragen, ihr Testament zugunsten dieser Verbände zu machen», sagt Lenz. Auch ein Fachanwalt für Erbrecht kann helfen – eine solche Beratung muss man allerdings bezahlen. «Man sollte sich unbedingt vorher über die Kosten informieren», sagt Herzog. «Da muss sich auch niemand genieren, beim Bäcker fragt man ja auch, was die Brötchen kosten.»
Für die jetzige Generation der Seniorinnen und Senioren scheint der Wunsch, sich in ihrem Alter selbst etwas zu gönnen, stärker zu sein als ihren Kindern oder Enkeln ihr gesamtes Erspartes zu hinterlassen. Ein schlechtes Gewissen müssen sie deshalb nicht haben. «Grundsätzlich hat jeder Mensch das Recht, sein Geld für das auszugeben, was ihm wichtig ist», betont Lenz. Wer schon ein Testament aufgesetzt hat, muss sich auch dann keine Sorgen machen, sagt Willich: «Vererbt wird nur, was am Ende noch da ist und nicht der Status quo zum Zeitpunkt des Verfassens.»
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(dpa/tmn)