Viele Regeln, wenig Kilos? Was hinter Trennkost steckt

Berlin – Bei der Trennkost ist der Name Programm: Strikte Trennung ist der Kern des Konzepts. Es wurde vom US-amerikanischen Mediziner William Howard Hay entwickelt. Er teilte Nahrungsmittel in eiweißbasierte, kohlenhydratbasierte und neutrale Speisen.

Oberstes Gebot ist die Trennung von überwiegend kohlenhydrathaltigen und überwiegend eiweißhaltigen Lebensmitteln innerhalb einer Mahlzeit. Morgens und abends stehen Kohlenhydrate und mittags Eiweiße auf dem Speiseplan. Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, die viele Proteine und viele Kohlenhydrate enthalten, strich Hay komplett vom Ernährungsplan. Zur neutralen Gruppe gehören sehr fetthaltige Nahrungsmittel und wasserreiches Obst und Gemüse. Sie dürfen entweder mit Eiweißen oder mit Kohlenhydraten kombiniert werden.

Seine Aufteilung begründete er damit, dass der menschliche Körper Eiweiße und Kohlenhydrate zusammen nicht gut genug verdauen könne und schädliche Säuren entstünden, die Gärungsprozesse im Darm hervorriefen. Die Trennkost-Ernährung entgifte und entsäuere den Körper und soll zudem eine heilende Wirkung haben. Der Umkehrschluss, Mischkost begünstige Stoffwechselerkrankungen eher, ist aber nicht haltbar, erklärt Prof. Andreas Pfeiffer, Direktor der Endokrinologie der Charité Berlin. «Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs werden allen voran durch Übergewicht gefördert.» Ob man Nahrungsmittel zusammen oder getrennt isst, sei dafür völlig egal.

«Ein ausgewogener Säure-Basen-Haushalt ist wichtig», findet Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung. «Für seine Steuerung ist allerdings keine Trennkost-Ernährung nötig.» Der Körper sei dazu imstande, Störungen zu regulieren und den pH-Wert des Gewebes und Blutes stabil zu halten. «Dass sich Kohlenhydrate und Eiweiße im Verdauungstrakt negativ beeinflussen, wurde wissenschaftlich längst widerlegt», bemerkt Pfeiffer.

Nichtsdestotrotz purzeln bei vielen Menschen durch die Umstellung auf Trennkost überschüssige Pfunde. Pfeiffer führt das auf die konkrete Auseinandersetzung mit der eigenen Ernährungsweise zurück. Ein «In-sich-hineinfuttern» sei nicht möglich. «Die gemüsebetonte, basische Kost, kombiniert mit vollwertigen Lebensmitteln ist definitiv ein Pluspunkt des Konzepts», bestätigt Heike Dethardt vom Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband. Dennoch rät sie aus ernährungsphysiologischer Sicht von einem langfristigen, strikten Einhalten der Hayschen Trennkost ab. Vor allem, weil unzählige Lebensmittel beide Stoffe in etwa gleicher Menge enthalten und eine völlige Trennung im Alltag daher sehr schwierig sei. «Zudem könnte aufgrund der reduzierten Eiweißaufnahme ein Mangel an Kalzium, bestimmten B-Vitaminen und Aminosäuren auftreten», sagt Kabisch.

Dass das Trennkost-Konzept lediglich vorgibt, wann man welche Nahrungsmittel zu sich nehmen soll, die Menge jedoch völlig außer Acht lässt, sieht er sehr kritisch: «Die Gewichtsreduktion liegt nicht an der Nahrungszusammensetzung, sondern an ihrer Menge.» Entscheidend sei die Bilanz zwischen Kalorienaufnahme und -verbrauch.

Den anhaltenden Erfolg des Trennkost-Konzepts spricht Dethardt seinem stringenten Leitfaden zu: «Besonders Menschen mit undiszipliniertem Essverhalten brauchen eine strukturierte Anleitung, an der sie sich jeden Tag entlang hangeln können.» Wer sich aber grundsätzlich kalorien- und fettbewusst ernährt, wenig Fleisch, dafür viel Obst und Gemüse zu sich nimmt, könne seinen gesundheitlichen Zustand auch ohne Trennkost positiv beeinflussen.

Fotocredits: Rainer Berg
(dpa/tmn)

(dpa)

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