«Coworking Toddler»: Zwischen Kleinkind und Laptop

Berlin (dpa) – Unter Eltern gibt es drei Hysterie-Themen: Hebamme, Kinderarzt und Kita-Platz – das meint der Vater Clemens Lerche. Bei der Kindergartensuche hatte der Berliner Glück. Vor einem halben Jahr erfuhr er auf einer Messe von einem neuen Konzept: ein Gemeinschaftsbüro mit integrierter
Kita.

Wenn sich der selbstständige Politikberater nun also morgens seine Laptoptasche schnappt, nimmt er Tochter Clementine gleich mit. Bei
«Coworking Toddler», wie sich die Stätte nennt, spielt und schläft die Einjährige nur einen Raum weiter, während Lerche ungestört arbeiten kann.

Freiberufler, Angestellte mit Home-Office-Option, Studenten und andere können sich hier einen Büroplatz mieten und gleichzeitig ihre Kinder betreuen lassen. Die Betreuungskosten übernimmt das Land Berlin über die sogenannten Kita-Gutscheine. Für einen Tisch im Büro zahlen die Eltern 350 Euro monatlich.

«Coworking Toddler» machte 2015 mit einer Internetkampagne auf sich aufmerksam, mittlerweile hat das Projekt Räume im Stadtteil Prenzlauer Berg bezogen. «Wir wollten eine zentrale Lage für unser Projekt», sagt Sandra Runge. Sie gründete die Stätte gemeinsam mit ihrem Mann Marc Runge und weiteren Eltern in einem ehemaligen Kindercafé. Die Terrasse haben sie in einen kleinen, noch recht provisorischen, Spielplatz umgebaut.

Runge selbst ist keine Erzieherin. Die Idee entstand aus der Not heraus, als die selbstständige Rechtsanwältin Mutter wurde. Die Lösung lag für sie auf der Hand: «Man muss die Kinderbetreuung und das Arbeiten zusammenbringen.» Inzwischen bekommt die Gründerin immer wieder Anfragen von Eltern, die Warteliste wächst. «Wir haben damit den Nerv der Zeit getroffen», sagt Runge. «Die Eltern wollen wieder früher anfangen zu arbeiten, aber sie wollen auch am Leben ihrer Kinder teilhaben.»

Das bestätigt Marie-Luise Mähler. Die 38-Jährige studiert während ihrer Elternzeit, um ihre Berufsaussichten zu verbessern. Mit ihrer Tochter Magalie ist sie von Anfang an dabei. Ihr älterer Sohn besucht einen Kindergarten mit etwa 100 Kindern.

«Die haben dort natürlich nicht die Möglichkeiten, die die Erzieher hier haben», sagt Mähler. Während bei «Coworking-Toddler» vier Kleinkinder («Toddler») auf einen Erzieher kommen, sind es in dem anderen Kindergarten fünf, erzählt die 38-Jährige. «Ich finde es toll, dass ich meine Tochter zwischendurch zum Essen sehen kann.» Die Mittagspause verbringen Eltern und Kinder nämlich gemeinsam, die restliche Zeit strikt getrennt.

Inzwischen plant Sandra Runge weitere «Coworking Toddler» Niederlassungen. Anvisiert sind zunächst größere Städte wie Hamburg, Frankfurt und München. Aber natürlich: Längst nicht alle Eltern können ortsunabhängig arbeiten. Mehr und mehr versuchen deshalb auch Unternehmen, Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder ihrer Mitarbeiter anzubieten.

Fotocredits: Sophia Kembowski

(dpa)

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