Berlin – Ihren Weihnachtseinkauf könnten viele Deutsche eigentlich einfach am Bankautomaten erledigen. Abheben, Schleifchen drum, fertig. Geld steht Umfragen zufolge nämlich auf einer Mehrheit der Weihnachts-Wunschzettel ganz oben.
Doch Geldgeschenke sind bei Schenkern als fantasielos und wenig romantisch verpönt – was den Handel freuen dürfte. Denn vor allem für die Innenstadt-Läden beginnt in diesen Tagen die wichtigste Zeit des Jahres.
Anfang November startet traditionell das Weihnachtsgeschäft. Etwa die Hälfte der Geschenke wird einer Umfrage der Wirtschaftsberatung Ernst & Young zufolge schon jetzt gekauft. In die letzten Wochen des Jahres setzt der Handel große Hoffnungen – machte er in dieser Zeit zuletzt doch fast ein Fünftel seines Jahresumsatzes. Im vergangenen Jahr waren es 87,7 Milliarden Euro.
In diesem Jahr prognostiziert der Einzelhandelsverband HDE sogar 91,1 Milliarden Euro Umsatz für November und Dezember – ein Rekord. «Selten war die Ausgangslage für das Weihnachtsgeschäft so günstig wie in diesem Jahr», sagt Verbandspräsident Josef Sanktjohanser. Das liegt auch am Kalender, denn in diesem Jahr gibt es im Dezember zwei umsatzstarke Freitage und Samstage mehr als 2015.
Jedes Jahr fragen Institute, wie viel Geld die Deutschen für Weihnachtsgeschenke ausgeben wollen – und jedes Jahr gehen die Prognosen weit auseinander. Denn viele Kunden wissen im Voraus gar nicht, wie viel sie – spätestens beim hektischen Last-Minute-Einkauf mit «jetzt ist alles recht»-Gedanken – letztlich wirklich springen lassen. Zwischen 239 und 477 Euro liegen die Umfragewerte diesmal. Fast alle Institute glauben, dass das Geld lockerer sitzt als im vergangenen Jahr.
Auch Marktforschungsunternehmen sehen noch kein Ende der Kauflust. Von stabiler Konjunktur, gutem Arbeitsmarkt und Zinsen, die Sparen kaum lohnenswert machen, werde sicher auch das Weihnachtsgeschäft profitieren, sagt Nielsen-Deutschland-Chef Ingo Schier voraus. Selbst die GfK, zuletzt beim Konsumklima etwas pessimistischer, sieht vor den Feiertagen keinen Grund zur Sorge: «Ich gehe davon aus, dass das Konsumklima stabil bleiben wird und das Weihnachtsgeschäft Chancen hat, gut zu werden», sagte GfK-Experte Rolf Bürkl kürzlich.
Besonders häufig klingeln die Kassen zur Weihnachtszeit bei Spielzeug, Büchern und Unterhaltungselektronik. Da ändert sich nicht viel. Wahrscheinlich auch, weil viele Menschen beim Wünschen ähnlich einfallslos sind. Einer Umfrage der Beratungsfirma Deloitte zufolge stehen bei Frauen und Männer ganz oben auf den Wunschzetteln Geld, Bücher und Gutscheine.
Kleidung ist als Geschenk nicht mehr so gefragt. Vor allem ältere Menschen, die sich in der digitalen Welt nicht so auskennen, wüssten deshalb oft nicht mehr, womit sie Jugendlichen eine Freude machen könnten, schließen die Handels-Experten von Ernst & Young (EY). Der Ausweg: Geldgeschenke und Gutscheine.
Dass vielen Schenkern die Ideen fehlen, kommt ausgerechnet den sonst arg gebeutelten Innenstadt-Läden zugute. Zwischen Lichterketten und Glühweinduft kommt beim Schaufensterbummel vielleicht eher noch der rettende Einfall als vor dem heimischen Computer. Rund 70 Prozent gaben in den Umfragen von EY und Deloitte an, ihre Geschenke im Laden zu kaufen – am liebsten im Fachgeschäft, nicht so gern im Kaufhaus. Der HDE erwartet im Online-Weihnachtsgeschäft trotzdem ein Wachstum von mehr als zehn Prozent.
Dafür rüsten sich die großen Paketzusteller und stellen vorübergehend mehr als 20 000 Aushilfskräfte ein. Die werden wohl auch im November schon gut zu tun haben. Im Internet werde nämlich inzwischen auch früher und nicht mehr geballt erst kurz vor den Feiertagen eingekauft, sagt Post-Chef Frank Appel.
Fotocredits: Bernd Von Jutrczenka
(dpa)