München – Falsche Identitäten, falsche Autohäuser – und ein Millionenbetrug: Am Landgericht München I beginnt an diesem Mittwoch ein Prozess gegen fünf mutmaßliche Betrüger, die Autokäufer im Internet mit Fake-Autohäusern um insgesamt mehr als eine Million Euro gebracht haben sollen.
In Bayern, Hessen und Sachsen sollen sie ihr Unwesen getrieben und Menschen online dazu gebracht haben, viel Geld für Autos zu überweisen, die es nie gab.
In seiner Dimension sei es ein ungewöhnlicher Fall, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Anne Leiding. Die beiden mutmaßlichen Haupttäter – ein Mann und eine Frau – sollen nach Angaben der Staatsanwaltschaft von Februar 2016 an mit mindestens 20 falschen oder gestohlenen Identitäten und 30 Scheinautohäusern im Internet aufgetreten sein. 200 Konten sollen sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen eröffnet und 80 Mobilfunkverträge abgeschlossen haben. In Online-Verkaufsportalen, so die Vorwürfe, boten sie dann teure Autos an – und zahlreiche Menschen fielen darauf herein.
Bei ihren Betrügereien soll das Paar Hilfe von einem befreundeten Post-Mitarbeiter gehabt haben und von einer Mediendesignerin, die Logos und Designs für die nicht-existenten Autohäuser entwickelt haben soll.
Alltägliches Phänomen
Betrug beim Auto-Kauf im Internet sei inzwischen ein nahezu alltägliches Phänomen, sagt Ansgar Klein, Geschäftsführender Vorstand beim Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK). «Da werden einfach Autohäuser erfunden – das Thema beschäftigt uns seit vielen Jahren. Es kommt immer wieder in Wellen», sagt er: «Der Kunde fühlt sich sicherer, als er ist und geschützter, als er wirklich ist. Alle Welt kämpft um immer mehr Verbraucherschutz und das lässt die Urinstinkte verkümmern» meint er – oder knapper: «Geiz frisst Gehirn.»
Denn eigentlich, meint Klein, sei es ganz einfach, Betrügern nicht auf den Leim zu gehen: Keine ungesicherte Vorkasse. Sollte eine Anzahlung gefordert werden, gebe es dafür Treuhand-Möglichkeiten mit Käuferschutz, erklärt er. Hellhörig werden sollte der Nutzer bei folgender Kombination: «Eine relativ neue, bisher unbekannte Firma, Preise, die kaum jemand realisieren kann und dann das Verlangen nach ungesicherter Vorkasse.»
Laut dem «Digitalbarometer», das einmal im Jahr vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes erstellt wird, ist knapp jeder vierte Internetnutzer in Deutschland (24 Prozent) schon mindestens einmal Opfer von Cyber-Kriminalität geworden. Der Großteil der Betroffenen (36 Prozent) wurde dabei Opfer von Betrug beim Onlineshopping. Und die Dunkelziffer könnte noch deutlich höher sein. Denn laut «Digitalbarometer 2019» wird nur jeder dritte Fall von Online-Kriminalität überhaupt angezeigt.
Die polizeiliche Kriminalstatistik listet jedes Jahr mehr Fälle von Betrug im Internet auf. Im Jahr 2018 waren es deutschlandweit insgesamt knapp 206.000 Fälle, rund 155.000 davon Waren- und Kreditbetrug. Zum Vergleich: Sechs Jahre vorher, 2012, waren es insgesamt rund 160.000 Fälle von Online-Betrug, rund 92.000 davon fielen unter Waren- und Kreditbetrug. Tendenz klar steigend.
Ob Autos, Technik oder Weihnachtsgeschenke – bei Online-Schnäppchen sind Verbraucher besser skeptisch. Denn im Internet gibt es viele Fakeshops: seriös wirkende, aber gefälschte Verkaufsplattformen, bei denen Betrüger Interessenten um Waren und Geld prellen.
Die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes rät:
– Verzichten Sie auf Spontankäufe. Vergleichen Sie Preise, auch bei Anbietern vor Ort.
– Vorsicht bei extrem niedrigen Preisen. Das könnte ein Hinweis auf einen Fake-Shop sein.
– Achten Sie auf sichere Zahlungswege auf der Online-Plattform. Bevorzugen Sie den Kauf auf Rechnung.
Anhaltspunkte können auch ein unvollständiges Impressum oder fehlende Geschäftsbedingungen (AGB) sein, erläutert das Landeskriminalamt Niedersachsen. Es bietet online eine Liste mit polizeibekannten Fake-Shops an.
Fotocredits: Britta Schultejans
(dpa)