Bremen – Das Jahr 2019 war für Anleger nicht leicht: Es gab keine nennenswerte Zinsen auf Sparbücher oder sichere, mehrjährige Anlagen wie Festgeld. «Wir befinden uns in einer absoluten Niedrigzinsphase», sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen.
Kein ganz neues Phänomen: Seit dreieinhalb Jahren liegt der Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von null Prozent, seit September zahlen Banken nun 0,5 Prozent Strafzinsen auf Gelder, die sie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Vor Mitte 2020 plant die EZB nicht, den Leitzins zu erhöhen, ließ sie im Sommer 2019 verlauten.
Risikoarm anzulegen passt nicht zu Niedrigzinsen
Für Immobilienkäufer ist die Niedrigzinsphase gut: Kredite sind derzeit günstig. Anleger haben dagegen das Nachsehen. «Wir Deutschen neigen dazu, risikoarm anzulegen. Das wird uns gerade zum Verhängnis», sagt Oelmann. Denn: «Wer noch auf herkömmliche Art und Weise spart, der verbrennt mit Blick auf die Inflation regelrecht das hart ersparte Vermögen», erklärt Maik Bolsmann, Geschäftsführers von B&K Vermögen in Köln.
Dies belegen exemplarische Zahlen: Die Inflationsrate lag im November 2019 bei 1 Prozent. Festgeld kam dagegen nach Angaben der FMH Finanzberatung nur auf eine durchschnittliche Rendite von 0,1 Prozent, Sparbücher auf lediglich 0,02 Prozent.
Anders verlief das Jahr 2019 an der Börse: «Es hat sich, gerade im Vergleich zum vierten Quartal 2018, für Anleger überraschend gut entwickelt», erklärt Jens Hartmann, Geschäftsführer von ficon börsebius Invest in Düsseldorf. Das zeigt auch ein Blick auf den Dax. Der deutsche Leitindex legte bis Ende November 2019 um gut 25 Prozent zu – im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch sei Geduld an der Börse wichtig: «Schwankungen, wie wir sie im vierten Quartal 2018 gesehen haben, gehören einfach dazu», erklärt Hartmann.
Handelsstreits verunsicherten Märkte
Trotz der leichten Erholung belasteten Handelskonflikte und die Abkühlung der Weltwirtschaft 2019 die Konjunkturaussichten für den Euroraum. Die
Europäische Kommission und die Bundesregierung rechneten für 2019 nur mit einem Wirtschaftswachstum von etwa 0,5 Prozent. Für das Jahr 2020 wird ein Zuwachs von 1,0 Prozent erwartet – 2018 waren es noch 1,5 Prozent.
So verunsicherten der mögliche Brexit und der Handelsstreit zwischen USA und China immer wieder die Märkte. Eine Folge: Gold hat 2019 ein Comeback erlebt. Es gilt als stabil. Doch Erträge wirft es anders als andere Anlageformen nicht ab. Nur wenn der Goldpreis steigt, profitieren Anleger – und dieser unterliegt Schwankungen. Sichere Aussage zur Wertentwicklung kann keiner treffen.
Experten: Etwas Auf und Ab muss sein
Anleger sollten ihre Strategie an die niedrigen Zinsen anpassen. Laut Hartmann seien etwa Aktien mit regelmäßigen Dividendenausschüttungen interessant. Beimischen könne man Edelmetalle wie Gold, die sich häufig gegenläufig zu Aktien entwickeln. Nachdem sich Aktien, Anleihen und Gold 2019 ähnlich entwickelten, werde sich 2020 voraussichtlich ein breiter aufgestelltes Portfolio stärker lohnen, vermutet Bolsmann. So kann man Schwankungen besser ausgleichen.
Oelmann rät ebenfalls, unterschiedliche Anlageformen zu mischen. «Der sogenannte Notgroschen kann ruhig aufs Tagesgeldkonto, aber viel mehr sollte da nicht liegen.» Mehr Rendite bieten Oelmann zufolge etwa passiv gemanagte Indexfonds (ETFs). Sie bilden einen Index wie den Dax ab und streuen so das Risiko breiter als einzelne Aktien.
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(dpa/tmn)