Berlin – Nach einem schweren Unfall oder einer Krankheit kann sich das Leben einer Familie schlagartig ändern. Bleiben beim Kind langfristige, körperliche Folgen, können diese auch das Familienbudget erheblich belasten.
Um Kinder vor den Folgen eines Unfalls abzusichern, können Eltern eine Kinderunfallversicherung abschließen. Wie sinnvoll ist das, und welche Alternativen gibt es?
Wann zahlt die Kinderunfallversicherung?
«Eine Kinderunfallversicherung bietet nur begrenzten Schutz», erklärt Michael Nischalke von der Stiftung Warentest. Folgen von Krankheiten blieben außen vor. «Sie zahlt nur, sofern ein Unfall eine Invalidität verursacht.» Unter Invalidität verstehen Versicherungen einen bleibenden körperlichen Schaden, für den dauerhaft, also mehr als drei Jahre, keine Besserung zu erwarten ist. Als versicherter Unfall gilt ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Das kann ein Autounfall sein oder eine Stichflamme auf dem Herd.
Doch durch einen Unfall entstehen Schwerbehinderungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei weniger als zwei Prozent der Fälle. Hauptursache sind Krankheiten.
Welche Alternative gibt es?
Der Abschluss habe nicht höchste Priorität, erklärt Nischalke. «Besser ist der Abschluss einer Kinderinvaliditätsversicherung. Die bietet umfassenderen Schutz, zahlt auch bei Invalidität durch Krankheit.» Diese Police springt ein, sobald ein Arzt dem Kind einen Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent bescheinigt. Dann zahlt sie in der Regel eine lebenslange Rente. Mindestens 1000 Euro Rente pro Monat sollten es sein, empfiehlt Peter Grieble, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Einige Anbieter leisten zusätzlich eine Einmalzahlung. Damit können Eltern etwa nötige Umbauten oder die Anschaffung eines behindertengerechten Autos finanzieren.
Möglich ist der Abschluss meist nach dem ersten Lebensjahr, bei einigen Anbietern auch schon früher. Eltern müssen vorher einen umfassenden Fragebogen zur Krankheitsgesichte der Kinder ausfüllen. Gibt es schon Krankheiten, kann die Versicherung diese vom Versicherungsschutz ausschließen – ein Angebotsvergleich lohnt sich. «Allerdings gibt es nur wenige Angebote am Markt», erklärt Grieble.
Wie hoch sind die Kosten?
Gute Verträge können mitunter mehr als 400 Euro im Jahr kosten. Für viele Familien ist das eine hohe Summe. Eine günstigere Alternative kann dann doch die Kinderunfallversicherung sein – gute Policen gibt es ab etwa 50 Euro im Jahr. Sie eignet sich auch für Kinder, die wegen einer Vorerkrankung keine Invaliditäts-Police bekommen oder als Zusatzschutz. Die Unfallversicherung leistet auch bei geringen Invaliditätsgraden.
Doch in vielen Verträgen sei die Versicherungssumme zu niedrig. Nischalke empfiehlt Tarife, die bei Vollinvalidität mindestens 500.000 Euro auszahlen und bei 50 Prozent Invalidität 100.000 Euro leisten.
Wie viel die Unfallversicherung im speziellen Fall tatsächlich leistet, hänge unter anderem von der Grundversicherungssumme und der sogenannten Gliedertaxe ab, erklärt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Die Gliedertaxe gibt an, welchem Grad an Invalidität der Verlust eines Körperteils entspricht. Ein fehlender Daumen kann bei einigen Tarifen eine Invalidität von 20 Prozent bedeuten. Die Versicherung zahlt also 20 Prozent der Grundsumme aus.
Was bewirkt die Progression?
«Damit schwerere Fälle aber höher versichert sind, gibt es zusätzlich die Progression», erklärt Boss. Je höher der Invaliditätsgrad, desto stärker kann die Auszahlung ausfallen. Sie steigt anfangs nur leicht, bei stärkeren Beeinträchtigungen aber deutlicher an. Beträgt die Progression 225 Prozent, bekommt das Kind bei Vollinvalidität das 2,25-Fache der Grundsumme. Der BdV empfiehlt eine Grundsumme von 200.000 Euro mit einer Progression von mindestens 225 Prozent. Ein voll invalides Kind bekäme dann 450.000 Euro ausgezahlt.
Ein guter Tarif sollte Infektionskrankheiten, Insektenstiche und Tierbisse sowie Verletzungen beim Toben oder Heben abdecken. Auf Verträge mit einer Dynamik sollten Eltern laut Boss verzichten. Dabei erhöht sich jedes Jahr die Versicherungssumme. Stattdessen sollten sie besser gleich zu Anfang eine ausreichende Grundsumme vereinbaren.
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(dpa/tmn)