Bremen – Kind, denk an deine Rente: Oma, Onkel und Eltern geben diesen Ratschlag gerne. Sie ernten dann oft Augenrollen. An die Altersvorsorge wollen junge Menschen häufig noch nicht denken.
Das heißt nicht, dass sie ihr Geld nur auf den Kopf hauen. In einer Umfrage im Auftrag des Bankenverbands gaben fast 90 Prozent der 14- bis 24-Jährigen an, Geld zurückzulegen. Ein Teil wenigstens ab und zu, viele regelmäßig. Etwa ein Drittel von ihnen sparte für größere Anschaffungen, auch für Notfälle wollten viele gerüstet sein. Und die Altersvorsorge? Dafür sparte tatsächlich nur jeder Zehnte.
Doch wie stellt man es an, das Sparen? Lohnt sich das überhaupt, wenn dafür monatlich nur 20 Euro übrig bleiben vom Bafög oder dem Einstiegsgehalt nach der Ausbildung?
Annabel Oelmann hat dazu eine klare Meinung. «Jeder Euro zählt. Hauptsache, man fängt überhaupt an», sagt die Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Bremen. Sparen erfordert Disziplin. Ihr Tipp zum Start: Ein Tagesgeldkonto einrichten und darauf jeden Monat einen bestimmten Betrag per Dauerauftrag überweisen. Ist am Monatsende noch etwas Geld auf dem Girokonto übrig, ist das auf dem Tagesgeldkonto ebenfalls gut aufgehoben. «Wenn ich es auf dem Girokonto liegen lasse, neige ich mehr zum Ausgeben», sagt Oelmann.
Das Tagesgeldkonto ist eine sichere Sache. Doch die Zinsen sind marginal und liegen weit unter der Inflationsrate. Bestenfalls 0,3 bis 0,35 Prozent gibt es dort, wie Oelmann sagt. Langfristig sollte sich das gesparte Geld aber schon mehren, also Rendite bringen. «Nur mit Sicherheit kann man für das Alter nicht vorsorgen», sagt sie. «Da hat man nur einen sicheren Verlust.» Das gilt natürlich nicht nur für die Altersvorsorge. Wert verlieren sollte Angespartes nie.
Rendite hängt allerdings mit Risiko zusammen. Und Anfänger sollten sich daran erstmal herantasten. Ein guter Einstieg sind laut Oelmann Indexfonds, sogenannte ETFs. Diese werden passiv verwaltet und bilden einen Aktienindex nach, zum Beispiel den Dax.
Ein Vorteil der ETFs: Sie sind breiter gestreut und damit weniger risikobehaftet als Aktien einzelner Unternehmen. Das vergleichsweise geringste Risiko haben weltweite Fonds, erklärt Thomas Krüger von der Zeitschrift «Finanztest», die auch dauerhaft Aktienfonds prüft und bewertet. Fonds, die den MSCI World Index abbilden, gehörten etwa zu den guten. «Da ist man in rund 1600 Titel weltweit investiert und hat das Risiko damit relativ gut im Griff», erklärt Krüger.
Am Ende macht es die Mischung aus Risiko und Sicherheit. Eine einfache Variante ist die Kombination von Tagesgeldkonto und Aktien-ETF. «Pantoffel-Portfolio» nennt Krüger das. «Weil es so einfach ist wie Pantoffeln anziehen.» Wer beispielsweise 100 Euro im Monat zurücklegen kann, überweist monatlich 50 Euro auf das Tagesgeldkonto und 50 Euro auf sein Depot, wo ein Aktien-ETF liegt.
Ein Depot lässt sich beispielsweise bei einer Online-Direktbank einrichten. Unkompliziert sei das, sagt Oelmann. Jeder Indexfonds besitzt eine eigene Nummer. Die sucht man im Depot und wählt damit den entsprechenden ETF aus.
Vom Börsengeschehen haben viele junge Leute keinen Schimmer, wenn man der Umfrage des
Bankenverbandes glaubt. Zwei Drittel gaben an, kaum oder gar keine Ahnung von der Materie zu haben. Etwas in das Thema einlesen sollten sich junge Sparer vor dem ersten Investment in Indexfonds aber schon, rät Verbraucherschützerin Oelmann.
Wer zum Beispiel ethisch korrekt investieren möchte, findet «Finanztest»-Experte Krüger zufolge auch ETFs mit bestimmten Nachhaltigkeitskriterien. Rüstungsunternehmen oder Tabakkonzerne könnten dann etwa aus dem Indexfonds ausgeschlossen sein.
Wie viel Risiko und wie viel Sicherheit sind angebracht? Das hängt natürlich vom einzelnen Typ ab. Eine ausgewogene Mischung von 50:50 sei für die meisten jungen Leute die beste Variante, sagt Krüger. Wer auf Sicherheit bedacht ist, lässt nur ein Viertel seines Ersparten im Depot. Risikofreudige dagegen haben auf dem Tagesgeldkonto nur einen Notgroschen liegen und investieren den Rest.
Das Pantoffel-Portfolio ist recht einfach zu pflegen. Die Regel lautet: Einmal im Jahr nachschauen, ob das gewünschte Verhältnis zwischen beiden Anlageformen noch passt. Auch wenn es an der Börse stark nach oben oder unten geht, sollte man einmal reinschauen, sagt Krüger. Bei einer Unwucht von mehr als zehn Prozentpunkten sollten Sparer zeitweise ihre monatlichen Zahlungen umstellen.
Liegen zum Beispiel 65 statt der anvisierten 50 Prozent der Rücklagen im Aktien-Depot, lenkt man die monatliche Zahlung für den Aktien-ETF um und investiert sie so lange mit ins Tagesgeldkonto, bis das Vermögen wieder ausgeglichen investiert ist. Umgekehrt würde man es in die andere Richtung lenken. Krüger spricht von einem «antizyklischen Investitionseffekt». Er erklärt: «Sie nehmen etwas heraus, wenn die Aktienmärkte sehr gut gelaufen sind, und sichern einen Teil davon.» Oder man steige verstärkt ein, wenn die Märkte ein Tief haben. «Das hat sich in unseren Analysen als ziemlich vorteilhaft erwiesen.»
Bevor es mit dem Sparen losgeht, sollten andere finanzielle Baustellen geschlossen sein, rät Verbraucherschützerin Oelmann. Folgende Punkte sind aus ihrer Sicht zu beachten: Existiert ein Notgroschen für unerwartete, plötzliche Ausgaben, die man von seinem monatlichen Einnahmen nicht so einfach zahlen könnte – etwa eine Autoreparatur? Sind alle wichtigen Versicherungen abgeschlossen? Und: Sind offene Kredite getilgt? «Es macht keinen Sinn, auf einem Tagesgeldkonto mit Mini-Zins etwas anzusparen, während man einen Kredit mit höherem Zins bedienen muss», erklärt Oelmann.
Ansonsten gilt: Was am Monatsende übrig bleibt, kann man ruhig zurücklegen. Das finden nicht nur Oma und Opa vernünftig. Auch wenn man es am Ende vielleicht nicht für die Altersvorsorge spart.
Sparen mit einem Geschenk des Arbeitgebers
Bietet der Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen an, sollten Sparer dies nutzen. Das rät Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen. Das sei schließlich wie ein Geschenk der Firma. Vom Bausparvertrag bis zum Sparplan mit Indexfonds (ETF) habe man hier die ganze Bandbreite zur Auswahl. Wie viel der Arbeitgeber dafür zahlt, ist im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt – maximal können es 40 Euro im Monat sein. Arbeitnehmer können diesen Betrag selbst noch aufstocken.
Fotocredits: Christin Klose,Stiftung Warentest,Verbraucherzentrale Bremen
(dpa/tmn)