Schlecht fürs Portemonnaie: Inflation zieht wieder an

Wiesbaden – Das Leben in Deutschland ist wieder teurer geworden. Die Inflation steigt auf den höchsten Stand seit fünf Jahren. So rasch, wie es Währungshüter gerne hätten, klettern die Preise aber nicht.

Wie hat sich die Teuerungsrate in den vergangenen Monaten entwickelt?

Nach Zahlen des
Statistischen Bundesamtes trieben vor allem gestiegene Energie- und Nahrungsmittelpreise die Inflation in
Deutschland 2017 an. Die Verbraucherpreise legten im Jahresschnitt um 1,8 Prozent zu. Einen stärkeren Zuwachs hatte es zuletzt 2012 mit 2,0 Prozent gegeben. Für 2016 hatte die Wiesbadener Behörde eine Teuerungsrate von 0,5 Prozent berechnet. Auch höhere Mieten trugen zu dem Anstieg im vergangenen Jahr bei.

Warum steigt die Inflation angesichts der EZB-Geldflut nicht rascher?

Das liegt nach Einschätzung von Ökonomen vor allem an den relativ geringen Lohnzuwächsen. Zwar dürften wegen des Konjunkturbooms die Abschlüsse in diesem Jahr in Deutschland höher ausfallen als zuletzt. So fordern beispielsweise die IG Metall und die IG BAU in der aktuellen Tarifrunde jeweils sechs Prozent mehr Geld. In anderen Euroländern ist die Position der Gewerkschaften angesichts immer noch hoher Arbeitslosigkeit dagegen ungleich schwächer. Die Löhne im gemeinsamen Währungsraum dürften daher im Schnitt nur moderat zulegen, sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer voraus.

Was ist eigentlich schlecht daran, wenn sich Preise kaum erhöhen?

Wenn Preise auf breiter Front kaum steigen, stagnieren oder gar fallen, kann das Verbraucher und Unternehmen dazu verleiten, Anschaffungen und Investitionen aufzuschieben. Denn es könnte ja in absehbarer Zeit noch günstiger werden. Diese abwartende Haltung kann die Konjunktur ausbremsen. Im schlimmsten Fall friert die Wirtschaft ein, Firmen müssen Mitarbeiter entlassen. Es besteht die Gefahr, dass es zu einer Abwärtsspirale aus rückläufigen Preisen quer durch alle Warengruppen und schrumpfender Wirtschaft kommt, einer Deflation.

Was will die EZB erreichen?

Die
Währungshüter streben für den Euroraum mittelfristig eine Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke. Bei diesem Wert spricht die Notenbank von Preisstabilität und sieht die Gefahr des Abrutschens in eine Deflation gebannt.

Wer profitiert von der vergleichsweise niedrigen Teuerung?

Weil die Löhne stärker zulegten als die Inflation, haben Deutschlands Tarifbeschäftigte unter dem Strich mehr im Geldbeutel. Nach Berechnungen der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung stiegen die Löhne und Gehälter im vergangenen Jahr durchschnittlich um 2,4 Prozent. Nach Abzug der Preissteigerung blieb ein Plus von rund 0,6 Prozent – das ist zwar weniger als in den beiden Vorjahren mit
Reallohnzuwächsen zwischen 1,9 und 2,4 Prozent, dennoch stärkt es tendenziell die Kaufkraft der Menschen. Und das kann den Konsum als wichtigste Stütze der deutschen Konjunktur weiter ankurbeln.

Für wen ist die steigende Inflation ein Problem?

Unter anderem für Sparer. Denn sie verlieren derzeit unter dem Strich Geld, wenn sie Geld auf Tagesgeldkonten oder Sparbüchern parken. Dort gibt es wegen der Nullzinspolitik der EZB kaum noch Zinsen. Und je weiter die Teuerungsrate über den mickrigen Zinsen liegt, umso schneller verliert das Ersparte an Wert.

Wie werden sich die Preise 2018 entwickeln?

Ökonomen erwarten keinen rasanten Anstieg der Verbraucherpreise. Zuletzt wurde mit einer Teuerungsrate zwischen 1,7 und 1,9 Prozent in Deutschland gerechnet. Für den Euroraum insgesamt geht die Europäische Zentralbank (EZB) von 1,4 Prozent aus. Die Inflation wäre damit weiter ein gutes Stück von dem Wert entfernt, den die Währungshüter anstreben. Die Notenbank hat bei ihrer Geldpolitik den gesamten Währungsraum der 19 Euro-Staaten im Blick.

Wie wird die Teuerungsrate berechnet?

Monat für Monat schwirren Preiserheber der Statistischen Landesämter und des Wiesbadener Bundesamtes aus. Sie notieren bundesweit in Geschäften, was Obst und Gemüse, Bücher und Zeitschriften, Schuhe und Möbel kosten. Wie hoch ist der Listenpreis für ein Auto, was kostet eine Pauschalreise, was der Sprit an der Tankstelle? Mehr als 300 000 Einzelpreise von Waren und Dienstleistungen werden so repräsentativ nach einem stets gleichen Schema erfasst. Der Warenkorb umfasst rund 600 Güterarten. Den größten Anteil hat Wohnen (Mieten, Strom, Gas) mit fast 32 Prozent. Gut 10 Prozent entfallen auf Lebensmittel. Auf dieser Grundlage berechnet das Statistische Bundesamt die Verbraucherpreisentwicklung.

Fotocredits: Ralf Hirschberger
(dpa)

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